Kantone lehnen Milchkuh-Initiative ab

  • Medienmitteilung


Die 26 Kantone lehnen die Milchkuh-Initiative kategorisch ab. Sie schafft keinen Mehrwert, verursacht aber gleichzeitig erhebliche Probleme für die Kantone. Diese wären nicht in der Lage, die mit der Initiative unausweichlichen Kürzungen von Bundesgeldern zu kompensieren. Betroffen wären vor allem die Bildung und Forschung, der regionale Personenverkehr und die Umwelt. Die vollständige Zweckbindung der Mineralölsteuer für die Strasse schiesst über das Ziel hinaus. Hingegen bietet der Nationalstrassen- und Agglomerationsverkehrs-Fonds NAF, den die Kantone unterstützen, eine ganz konkrete Lösung für die künftige Strassenfinanzierung, und dies ohne Kollateralschäden für Bund und Kantone.


Die Kantonsregierungen hatten sich bereits anlässlich ihrer Plenarversammlung vom 18. Dezember 2015 klar gegen die Milchkuh-Initiative ausgesprochen. Heute bekräftigen sie nun ihre Ablehnung im Rahmen einer von der Konferenz der Kantonsregierungen (KdK) organisierten Medienkonferenz. Aus Sicht der Kantone ist die Initiative ein Nullsummenspiel: Laut Jean-Michel Cina, Präsident der KdK und Walliser Staatsrat, ist die Initiative «eine reine Umverteilungsübung. Die zusätzlichen Strassengelder gingen auf Kosten von Bildung, Sicherheit, Landwirtschaft und öffentlichem Verkehr. Der unvermeidliche Leistungsabbau in diesen Bereichen würde viele Menschen in unserem Land direkt treffen».

Kantonsfinanzen ohnehin bereits unter Druck

Nach Auffassung von Charles Juillard, Präsident der Konferenz der kantonalen Finanzdirektorinnen und Finanzdirektoren (FDK) sowie Regierungspräsident des Kantons Jura, müssten die Kantone konkret mit finanziellen Mehrbelastungen rechnen. Die Eidgenössische Finanzverwaltung hat bereits darauf hingewiesen, dass die Bundesbeiträge an die Kantone um 190 Millionen Franken gekürzt würden: Betroffen wären die Bereiche Bildung und Forschung (125 Millionen), regionaler Personenverkehr (40 Millionen) und Umwelt (25 Millionen).
Die Kantone könnten diese Ausfälle nicht kompensieren, was unweigerlich Leistungskürzungen zur Folge hätte. «Bund und Kantone erleben derzeit eine Phase erheblicher wirtschaftlicher und finanzieller Unsicherheiten», erklärt Charles Juillard. Trotz teilweise einschneidender Sparprogramme weisen 19 Kantone für 2016 einen negativen Voranschlag aus. Längerfristig werden auch strukturelle Veränderungen wie die Reform der Unternehmensbesteuerung oder die Alterung der Bevölkerung die Kantone stark belasten, weshalb sich deren Lage kaum verbessern wird. Für den FDK-Präsidenten ist deshalb klar: «Ein Nein zur Initiative ermöglicht eine stabile Finanzpolitik von Bund und Kantonen in wirtschaftlich und finanziell bewegten Zeiten.»

Qualität des Bildungssystems und Forschungsplatz Schweiz bedroht

Bei einer Annahme der Initiative wäre der Bereich Bildung und Forschung beim Bund voraussichtlich am stärksten betroffen. Die eidgenössische Finanzverwaltung geht von 400 Millionen Franken jährlich aus, davon 125 Millionen zulasten der Kantone. Bezogen auf den BFI-Kredit (Kredit des Bundes für Forschung, Bildung und Innovation) würde dies bedeuten, dass «hier jährlich bis zu 6% eingespart werden müssten. Das würde unserem Bildungssystem und dem Forschungsplatz Schweiz grossen Schaden zufügen», wie Christoph Eymann, Präsident der Schweizerischen Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektoren (EDK) und Regierungsrat des Kantons Basel-Stadt, ausführt. Die Kantonsregierungen haben bereits in ihrer Stellungnahme vom 11. März 2016 zum Stabilisierungsprogramm 2017-2019 darauf hingewiesen, dass sich die Schweiz in einer fortschreitenden Phase der De-Industrialisierung befindet. Deshalb muss die Schweiz auf Innovation setzen. Nur so lässt sich die Prosperität langfristig sichern.

Übertriebene Mittelzweckbindung für die Strasse überflüssig

Paul Federer, Präsident der Bau-, Planungs- und Umweltdirektorenkonferenz (BPUK) und Obwaldner Regierungsrat, erinnert daran, dass «Kantone und Gemeinden zusammen für 95 Prozent des 70'000 Kilometer langen Schweizer Strassennetzes zuständig» sind. Derzeit genügen den Kantonen die Mittel aus der Zweckbindung bestimmter Steuern sowie aus Beiträgen des Bundes und ihrem eigenen Haushalt, um diese Infrastrukturen zu finanzieren. Die 150 Millionen Franken, die den Kantonen bei Annahme der Initiative zufliessen würden, könnten angesichts der ungenügenden Anzahl umsetzungsreifer Projekte nicht effizient eingesetzt werden. Deshalb besteht aus der Sicht der Baudirektorinnen und Baudirektoren keine Not, die Bereiche Strasse und Bildung gegeneinander auszuspielen. «Wir können auch in Zukunft gleichzeitig ein Top-Bildungssystem unterhalten und ein exzellentes Strassennetz anbieten», erklärt Paul Federer.

Unterstützung für den NAF

Um Engpässe zu beseitigen und die voraussichtliche Finanzierungslücke aufgrund des sinkenden Treibstoffverbrauchs zu schliessen, unterstützen die Kantone die vom Bundesrat vorgeschlagene Schaffung eines Nationalstrassen- und Agglomerationsverkehrs-Fonds (NAF). Dieser bietet im Gegensatz zur Initiative die notwendigen Instrumente für die Bewältigung der Mobilitätsherausforderungen und entspricht einem gesamtheitlichen Ansatz im Bereich der Verkehrssysteme als Fortsetzung der in den letzten Jahren erfolgreich umgesetzten koordinierten Verkehrspolitik. Laut Federer ist dieser Ansatz unverzichtbar, weil insbesondere in den Städten und Agglomerationen kaum mehr Platz für einen weiteren Ausbau der Strassen vorhanden ist.
Bei den Diskussionen über den NAF in der letzten Frühjahrssession hat der Ständerat bedeutende Schritte in Richtung der Forderungen der Initiative gemacht, die zu zusätzlichen Mitteln von jährlich rund 760 Millionen Franken für die Strasse führen. U.a. hat er den Anteil der Mineralölsteuer-Zweckbindung von 50% auf 60% erhöht. Zudem sind die Kantone bereit, jährlich 60 Millionen Franken an die Finanzierung des Netzbeschlusses beizutragen. Mit dem Netzbeschluss sollen 400 Kilometer Kantonsstrassen ins Nationalstrassennetz übergehen.

Fazit aus Sicht der Kantone: Der NAF genügt, die Milchkuh-Initiative schiesst über das Ziel hinaus.

Kontakt / Rückfragen

Staatsrat Jean-Michel Cina
Präsident
Tel. 079 224 87 88

Sandra Maissen
Generalsekretärin
Tel. 031 320 30 00

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