Verhandlungen mit der EU über ein Stromabkommen

  • Medienmitteilung


Anlässlich der heutigen Plenarversammlung der KdK haben die Kantonsregierungenzu zentralen Fragen im Rahmen der laufenden bilateralen Verhandlungen zwischen der Schweiz und der EU über ein Stromabkommen Stellung bezogen. Sie unterstützen nach wie vor den Abschluss eines solchen Abkommens, welches im Interesse sowohl der Schweiz als auch der EU ist. Aus Sicht der Kantonsregierungenist es derzeit aber noch unklar, ob der politische Preis für ein solches Abkommen akzeptabel ist. Die Beantwortung dieser Frage hängt insbesondere davon ab, wie die generellen institutionellen Beziehungen zur EU in Zukunft ausgestaltet werden.

Die Plenarversammlung der Konferenz der Kantonsregierungen (KdK) hat heute gestützt auf die diesbezüglichen Beschlüsse der Generalversammlung der Konferenz kantonaler Energiedirektoren (EnDK) vom 31. August 2012 eine Reihe von noch offenen Fragen im Zusammenhang mit den Stromverhandlungen mit der EU diskutiert. Die Kantonsregierungen haben dabei die von der EnDK vertretene Position zu stromspezifischen Fragen unterstützt und zu einer Reihe von horizontalen Aspekten Stellung bezogen.

Kantonsregierungen befürworten Abschluss eines Abkommens und Liberalisierung
des Strommarkts

Die Kantonsregierungen teilen die Auffassung der EnDK, dass ein Marktzugang zum europäischen Strommarkt für die Schweiz wichtig ist. Die EU hat in den letzten Jahren den Strombinnenmarkt schrittweise neu geregelt und wird auch in Zukunft weitere Neuordnungen verfolgen. Damit entzieht die EU zunehmend dem traditionelle pragmatischen Zusammenwirken der schweizerischen und europäischen Strommarktakteure den Boden, auch wenn die Schweiz physikalisch im europäischen Stromnetz integriert bleibt. Umgekehrt hat die Schweiz nach wie vor eine starke Stellung im europäischen Stromnetz und spielt bei der Gewährleistung der europäischen Versorgungssicherheit eine nicht unbedeutende Rolle. Der Abschluss eines Stromabkommens drängt sich deshalb auf. Die Kantonsregierungen teilen zudem die Ansicht der EnDK, dass die Liberalisierung des Strommarktes eine wichtige Voraussetzung für das Gelingen der Energiestrategie 2050 ist. Nur so kann der staatliche Lenkungs- und Regulierungsbedarf in verschiedenen Bereichen begrenzt und ein möglichst effizientes Versorgungssystem entwickelt werden. Die Marktliberalisierung ist deshalb unabhängig von einem Stromabkommen mit der EU erforderlich.

Keine Übernahme von horizontalen Bestimmungen der EU

Eine Übernahme von horizontalen Bestimmungen der EU im Rahmen eines sektorspezifischen Abkommens führt dazu, dass in der Schweiz eine doppelte Rechtslage geschaffen wird und Akteure im vom Abkommen erfassten Bereich anderen Regeln unterliegen als Akteure in den anderen Bereichen. Solche Situationen sind nach Ansicht der Kantonsregierungen aus grundsätzlichen rechtsstaatlichen Überlegungen zu vermeiden. Zudem sind das Konsumentenschutzrecht, das Umweltrecht wie auch die Stossrichtung der Energiepolitik gleichwertig im Vergleich mit der EU. In diesen Bereichen ist deshalb nach wie vor eine Anerkennung der Gleichwertigkeit anzustreben. Eine Übernahme des EU-Rechts (Umweltrecht, RES-Richtlinie und Konsumentenschutzrecht) ist hingegen zu
vermeiden.

Institutionelle Problematik des EU-Beihilferechts

Die von der EU geforderte Übernahme der Regeln über die staatlichen Beihilfen tangiert grundsätzliche schweizerische staatsrechtliche Prinzipien und weist starke Schnittstellen zur generellen institutionellen Problematik im Zusammenhang mit der Weiterentwicklung der Beziehungen zwischen der Schweiz und der EU auf. Die Kantonsregierungen sind deshalb der Auffassung, dass diese Frage erst dann vertieft geprüft werden kann, wenn sich abzeichnet, welche institutionelle Lösung für die Ausgestaltung der zukünftigen Beziehungen zwischen der Schweiz und der EU zur Anwendung kommen soll.

Kontakt / Rückfragen

Staatsrat Pascal Broulis
Präsident KdK
Tel. 079 435 01 78

Staatsrat Beat Vonlanthen
Präsident EnDK
Tel. 079 300 48 62

Dr. Sandra Maissen
Generalsekretärin KdK
Tel. 079 507 01 77

Lorenz Bösch
Generalsekretär a.i. EnDK
Tel. 079 426 54 19

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