Die Kantone lehnen die Nachhaltigkeitsinitiative ab
- Medienmitteilung
Die Kantone lehnen die Volksinitiative «Keine 10-Millionen-Schweiz! (Nachhaltigkeitsinitiative)» ab. Die Initiative würde unseren Wohlstand und die wirtschaftliche Entwicklung in den Kantonen gefährden, den Fachkräftemangel verschärfen, die Bekämpfung von Kriminalität erschweren und die innere Sicherheit gefährden. Die starre Begrenzungsvorgabe der Initiative würde es für die Kantonen künftig viel schwieriger machen, flexibel auf Veränderungen in der Bevölkerung und Wirtschaft zu reagieren und eine gute Grundversorgung in wichtigen Service public-Bereichen sicherzustellen.
Bei einer Annahme der Initiative müssten Bund und Kantone umgehend Massnahmen für eine «nachhaltige» Bevölkerungsentwicklung ergreifen. Der bilaterale Weg mit der EU steht auf dem Spiel, da die Initiative die Kündigung von Abkommen verlangt, die das Bevölkerungswachstum begünstigen. Es ist absehbar, dass insbesondere das Freizügigkeitsabkommen mit der EU (FZA) gekündigt werden müsste. Dies hätte aufgrund der Guillotine-Klauseln zur Folge, dass alle bilateralen Abkommen I mit der EU wegfallen würden – darunter auch das Abkommen über die gegenseitige Anerkennung von Konformitätsbewertungen (MRA) und das Luft- und Landverkehrsabkommen. Deshalb wären weitere Binnenmarktabkommen und auch die Assoziierungsabkommen zu Schengen und Dublin gefährdet. Eine Annahme der Initiative würde auch das vom Bundesrat ausgehandelte Paket zur Stabilisierung und Weiterentwicklung des bilateralen Weges untergraben – noch bevor sich Kantone, Parlament und das Volk überhaupt dazu äussern konnten. Gefährdet wären auch die Wiederassoziierung an das Forschungsprogramm Horizon Europe, ebenso wie neue Abkommen in zentralen Bereichen wie Strom und Gesundheit. Die Kantonsregierungen gehen davon aus, dass dies nicht nur die Beziehungen zur EU, sondern auch die wirtschaftliche Stabilität und die Rechts- und Planungssicherheit im Inland erheblich beeinträchtigen würde.
Handlungsspielräume offenhalten und Service public sicherstellen
Die Annahme der Initiative «Keine 10-Millionen-Schweiz!» hätte tiefgreifende Auswirkungen auf die Kantone: Heute verfügen sie bei der Steuerung der Zuwanderung über eine gewisse Flexibilität, indem den Bedürfnissen der Unternehmen vor Ort Rechnung getragen werden kann. Mit dem Ende des FZA fiele diese Flexibilität weg und die Anpassung an die demografischen und wirtschaftlichen Entwicklungen würde stark erschwert. Die Kantone wären gezwungen, auf Bundesebene beschlossene neue und strengere Regeln anzuwenden, die ihre Handlungsspielraum beschränken würden und mit zusätzlichen Kosten verbunden wären.
Die Kündigung des FZA würde die Ausschöpfung des Arbeitskräftepotenzials im europäischen Raum einschränken – und die Rekrutierung in Schlüsselsektoren des Service public, etwa im Gesundheitswesen, in der Bildung und im öffentlichen Verkehr, aber auch in der Land- und Bauwirtschaft sowie dem Gastgewerbe erschweren. Die in einigen Kantonen bereits heute sehr angespannte Lage bei der Rekrutierung von Fachkräften würde verschärft.
Innere Sicherheit nicht aufs Spiel setzen
Ein möglicher Ausschluss der Schweiz aus dem europäischen Sicherheitsraum (Schengen / Dublin) würde die Gewährleistung der inneren Sicherheit gefährden. Die Folgen wären für die Schweiz gravierend: Personen, deren Asylgesuch in einem EU-Staat abgelehnt wurde, könnten in der Schweiz Schutz suchen und ein zweites Gesuch stellen. Bund und Kantone wären gezwungen, ihre Asylstrukturen massiv auszubauen, was mit einer enormen Kostensteigerung verbunden wäre. Ein Ausschluss aus Schengen/Dublin würde die Sicherheit der Schweiz schwächen, indem die polizeiliche und justizielle Zusammenarbeit eingeschränkt, der Zugang zu europäischen Datenbanken begrenzt und die Bekämpfung der grenzüberschreitenden Kriminalität erschwert würde.
Der Wegfall des FZA würde zu erheblichen Verzögerungen im grenzüberschreitenden Personen- und Warenverkehr führen. Die Zollkontrollen könnten aufgrund der umfassenderen Einreisevoraussetzungen sowie der Arbeits- und Aufenthaltsregelungen deutlich mehr Zeit in Anspruch nehmen. Die Grenzkantone wären vom administrativen Mehraufwand und längeren Staus an den Grenzen besonders betroffen. Auch der Tourismus würde enorm unter Druck kommen.
Herausforderungen des Bevölkerungswachstums direkt angehen
Das Bevölkerungswachstum der letzten Jahre hat zur wirtschaftlichen Entwicklung und zum Wohlstand in der Schweiz beigetragen. Die Wirtschaft profitiert von qualifizierten Fachkräften, die öffentliche Hand von zusätzlichen Steuereinnahmen und die Sozialwerke von stabilen Beitragszahlungen. Die Arbeitslosigkeit ist tief, die Löhne im internationalen Vergleich hoch. Die Kantonsregierungen anerkennen, dass das starke Wachstum erhebliche Herausforderungen mit sich bringt. Wie der Bundesrat sind sich auch die Kantonsregierungen unabhängig von der Initiative bewusst, dass die mit einem Bevölkerungswachstum verbundenen Herausforderungen direkt angegangen werden müssen. Deshalb setzen auch die Kantone Massnahmen um, um aktuelle und künftige Herausforderungen auf dem Wohnungsmarkt, beim Verkehr, in der Energie- und Umweltpolitik gezielt anzugehen. Die in der Bevölkerung verbreiteten Sorgen über zunehmende Belastungen und einen möglichen Verlust an Wohlstand und Lebensqualität müssen ernst genommen werden. Bund, Kantone und Gemeinden sind gefordert, sich diesen Herausforderungen aktiv zu stellen – etwa durch eine gezielte Siedlungsentwicklung nach innen, eine nachhaltige Verkehrspolitik, eine voraus-schauende Infrastrukturplanung und eine bedarfsgerechte Ausgestaltung zentraler öffentlicher Dienstleistungen in den Bereichen Bildung, Sicherheit und Gesundheitsversorgung. Die Initiative vermag diese komplexen Herausforderungen jedoch nicht zu lösen. Vielmehr würde sie durch starre Bevölkerungsobergrenzen neue Probleme schaffen. Die Kantonsregierungen lehnen die Eidgenössische Volksinitiative «Keine 10-Millionen-Schweiz! (Nachhaltigkeitsinitiative)» deshalb ab.
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