Europapolitik – innerstaatlicher Reformbedarf

  • Communiqué de presse,
  • Medienmitteilung


Die Kantonsregierungen bekräftigen, dass innerstaatliche Reformen zur Festigung
von Föderalismus und direkter Demokratie eine unerlässliche Voraussetzung für eine weitere Vertiefung der Beziehungen zur EU sind. Konkret sind die Informations- und Mitwirkungsrechte der Kantone zu stärken, die Organisationsstrukturen der Mitwirkung zu überarbeiten und der Rechtschutz in Kompetenzstreitigkeiten zwischen Bund und Kantonen zu verbessern. Die Kantonsregierungen unterstützen zudem den vom Bundesrat vorgeschlagenen direkten Gegenentwurf zur Volksinitiative zum Ausbau des Staatsvertragsreferendums.

Im Rahmen ihrer europapolitischen Standortbestimmung vom 25. Juni 2010 haben die Kantonsregierungen festgehalten, dass innerstaatliche Reformen zur Festigung von Föderalismus und Demokratie nicht nur bei einem Beitritt der Schweiz zur EU, sondern auch bei einer weiteren Vertiefung der bilateralen Beziehungen zur EU unerlässlich sind. Die Kantonsregierungen werden deshalb weitere bilaterale Abkommen nur dann unterstützen und mittragen, wenn gleichzeitig innerstaatliche Reformen eingeleitet und verankert werden. Anlässlich der Plenarversammlung der KdK vom 24. Juni 2011 haben die Kantonsregierungen diese Haltung bekräftigt und gleichzeitig die notwendigen Reformen präzisiert.

Ziele der geforderten Reformen

Bei der Vermittlung einer bürgernahen Europapolitik sind die Kantone ein wichtiges Bindeglied zwischen Bund und Stimmvolk. Diese Aufgabe bedingt allerdings, dass sich die Kantone mit dem vom Bund eingeschlagenen Weg identifizieren können und vom Bund in die Entscheidfindung einbezogen werden. Die geforderten Reformen sollen sicherstellen, dass die Kantone nicht zu blossen Vollzugseinheiten des Bundes degradiert werden. Der auch mit dem bilateralen Weg verbundene Autonomieverlust der Kantone und der Zentralisierungsdruck müssen durch eine verstärkte Mitwirkung und Mitentscheidung der Kantone kompensiert werden. Letztlich geht es darum, die Qualität der europapolitischen Entscheidungen zu verbessern, diese besser abzustützen und damit die aussenpolitische Handlungsfähigkeit der Schweiz zu stärken.

Stärkung der Informations- und Mitwirkungsrechte

Die bestehenden und im Bundesgesetz über die Mitwirkung der Kantone an der Aussenpolitik (BGMK) präzisierten Informations- und Mitwirkungsrechte der Kantone sollen nach Auffassung der Kantonsregierungen gestärkt werden. Der Anspruch auf Information in europapolitischen Angelegenheiten ist auszuweiten. Zudem hat die Information der Kantone früher als bis anhin zu erfolgen. Weiter ist die Berücksichtigung und Gewichtung der kantonalen Stellungnahmen klar festzulegen und zu verbessern.

Optimierung der Organisationsstrukturen

Die bestehenden Kontakte zwischen Bund und Kantonen sollen nach Auffassung der Kantonsregierungen sowohl auf technischer wie auch auf politischer Stufe intensiviert werden. Entscheide sind aber nach wie vor in den bestehenden Gremien gemäss den bestehenden rechtlichen Vorgaben zu fällen. Die Zusammenarbeit unter den Kantonen sollgemäss dem Willen der Kantonsregierungen weiterhin im Rahmen der bestehenden Strukturen der Konferenz der Kantonsregierungen KdK stattfinden und durch die einzelnen Kantone legitimiert werden.

Rechtschutz bei Divergenzen zwischen Bund und Kantonen

Grundsätzlich sind Divergenzen zwischen Bund und Kantonen im Dialog beizulegen. Die Kantonsregierungen sprechen sich aber auch dafür aus, die Frage eines Vorlage- und Vorprüfungsverfahrens vor Bundesgericht anzugehen und die rechtlichen Umsetzungsmöglichkeiten abzuklären. Unterstützt werden auch die laufenden Bestrebungen, die Verfassungsgerichtsbarkeit gegenüber Bundesgesetzen auszubauen. Insbesondere soll in Zukunft geprüft werden können, ob der Bundesgesetzgeber die verfassungsrechtliche Kompetenzordnung einhält.

Volksinitiative zum Ausbau des Staatsvertragsreferendums

Die Kantonsregierungen lehnen die Volksinitiative „Für die Stärkung der Volksrechte in der Aussenpolitik (Staatsverträge vors Volk!)“ ab. Die Zustimmung von Volk und Ständen soll sich auf Staatsverträge mit verfassungsrechtlicher Tragweite beschränken. Die Kantonsregierungen unterstützen aber den vom Bundesrat vorgeschlagenen direkten Gegenentwurf. Dadurch wird auch auf Verfassungsstufe der Parallelismus zwischen Völkerrecht und innerstaatlichem Recht hergestellt. Rechtliche Bestimmungen in Staatsverträgen, welche Gesetzescharakter haben, sollen dem fakultativen Referendum unterstehen. Rechtliche Bestimmungen mit Verfassungscharakter sind hingegen dem obligatorischen Referendum und damit der Zustimmung von Volk und Ständen zu unterstellen.

Kontakt / Rückfragen

Staatsrat Pascal Broulis
Präsident KdK
Tel. 079 435 01 78

Dr. Sandra Maissen
Generalsekretärin KdK
Tel. 079 507 01 77

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