Nein zur Einführung der Individualbesteuerung
- Medienmitteilung
Die Schweiz wird über die Einführung der Individualbesteuerung abstimmen. Die Konferenz der Kantonsregierungen lehnt diesen fundamentalen Systemwechsel in der Einkommensbesteuerung von Ehepaaren ab. Die Kantone sind stark und unmittelbar davon betroffen, weshalb 10 Kantone das zweite Kantonsreferendum der Geschichte gemeinsam ergriffen haben. Die Kantone haben gezeigt, dass die Heiratsstrafe wesentlich einfacher korrigiert werden kann. Mit der Einführung der Individualbesteuerung müssten alle Kantone ihre Steuergesetze anpassen sowie Tarife und Abzüge neu festlegen. Es entsteht eine Verkomplizierung des Steuersystems mit neuen Ungleichheiten. Zudem würde dies sowohl zu einem erheblichen und unnötigen administrativen Aufwand als auch zu substantiellen Mindereinnahmen bei der direkten Bundesteuer sowie den Kantons- und Gemeindesteuern führen.
Das Bundesparlament verabschiedete im Juni 2025 mit knapper Mehrheit das Bundesgesetz über die Individualbesteuerung als indirekten Gegenvorschlag zur Volksinitiative «Für eine zivilstandsunabhängige Individualbesteuerung (Steuergerechtigkeits-Initiative)». Die Vorlage sieht vor, dass alle Personen auf sämtlichen Staatsebenen unabhängig von ihrem Zivilstand individuell besteuert werden. Die Einkünfte und Vermögenswerte von verheirateten Paaren würden neu analog zu unverheirateten Paaren nach den zivilrechtlichen Verhältnissen aufgeteilt. Weiter soll der Kinderabzug bei der direkten Bundessteuer erhöht und der Tarif der direkten Bundessteuer angepasst werden.
In den Kantonen bereits korrigiert
Auf Ebene der Kantonssteuern wurden bereits verschiedene Massnahmen umgesetzt, um die Auswirkungen der sog. Heiratsstrafe erfolgreich zu korrigieren; zahlreiche Kantone haben Splittingsysteme oder andere Tarifmassnahmen eingeführt. Dass nun auch der Bund diese steuerliche Benachteiligung von Verheirateten bei der direkten Bundessteuer abschaffen will, wird von den Kantonen nicht bestritten. Jedoch lehnen die Kantone das gewählte Vorgehen ab, weil dieses zu einem massiven und unnötigen Eingriff in die bewährten kantonalen und kommunalen Steuersysteme führen würde. Mit der Einführung der Individualbesteuerung müssten alle Kantone und Gemeinden ihr Steuerrecht revidieren und die Tarife und Sozialabzüge neu festlegen. Auch müsste der Zugang zu staatlichen Leistungen wie Prämienverbilligungen, Stipendien oder Vergünstigungen für familienergänzende Kinderbetreuung neu geregelt werden. Diese Prozesse würden in den Kantonen einen hohen überflüssigen Aufwand erfordern und die finanziellen Auswirkungen für die Steuerpflichtigen wären völlig offen.
Fundamentaler Systemwechsel führt zu neuen Ungleichheiten und Problemen
Die Einführung einer Individualbesteuerung würde einen fundamentalen Systemwechsel in der Einkommensbesteuerung bedeuten. Dieser schafft die Heiratsstrafe ab und würde unter dem Gesichtspunkt der Gleichstellung von verheirateten mit nicht verheirateten Steuerpflichtigen eine Verbesserung bringen. Gleichzeitig würden aber andere Ungleichheiten geschaffen. So würden Einverdienerehepaare und Zweiverdienerehepaare mit geringem Zweiteinkommen steuerlich stärker belastet als Zweiverdienerehepaare mit gleichmässiger Einkommensaufteilung. Die Individualbesteuerung schafft somit eine neue Ungleichbehandlung für Paare mit ungleichem Einkommen. Zudem würde auch der Aufwand für die verheirateten Steuerpflichtigen zunehmen, da sie neu zwei Steuererklärungen ausfüllen und zwei Veranlagungsprozesse mit allen nachgelagerten Prozessen doppelt durchlaufen müssten. Die Kantone lehnen die Individualbesteuerung ab und sprechen sich für das Beibehalten der gemeinsamen Veranlagung von Ehepaaren aus. Wie die Kantone aufgezeigt haben, kann die Heiratsstrafe auch in diesem Rahmen wesentlich einfacher korrigiert werden – etwa durch ein Splittingverfahren oder gezielte Tarifkorrekturen.
Enormer wiederkehrender Aufwand und Steuerausfälle
Die Einführung der Individualbesteuerung wäre nicht nur mit einem hohen Initialaufwand verbunden, sondern auch mit jährlich zusätzlichem Administrativaufwand in den Verwaltungen von Kantonen und Gemeinden. Dieser Zusatzaufwand liesse sich mit den bestehenden Ressourcen nicht bewältigen. Zudem würden die bisherigen Fortschritte in Sachen Fallautomatisierung ausgebremst. Die Anzahl der Steuererklärungen würde sich auf einen Schlag erheblich erhöhen: Gesamtschweizerisch ist mit zusätzlichen ca. 1,7 Millionen Steuererklärungen zu rechnen. Um diese zusätzlichen Steuererklärungen bearbeiten zu können, müssten die Kantone und Gemeinden ihre Steuerverwaltungen personell deutlich aufstocken, und das in einer Zeit, in der vermehrt die Verschlankung von Verwaltungsapparaten gefordert wird. Auch wäre in bestimmen Fällen eine Koordination der Steuerdossiers von Ehepaaren trotz Individualbesteuerung nötig (z.B. bei kinderrelevanten Abzügen und beim Unterstützungsabzug). Darüber hinaus würde die Einführung der Individualbesteuerung zu Mindereinnahmen bei der direkten Bundessteuer führen. Wie hoch die finanziellen Auswirkungen dadurch für Kantone und Gemeinden ausfallen würde, ist zurzeit nicht bezifferbar. Damit durch die Umstellung der kantonalen gut austarierten Tarife und Sozialabzüge keine Personengruppe gegenüber dem heutigen Stand zusätzlich belastet wird, wären für die Kantone und ihre Gemeinden zusätzlich massive Mindereinnahmen im mehrstelligen Millionenbereich die Folge. In einer Zeit, in der die öffentlichen Haushalte ohnehin stark unter Druck sind und neben dem Bund auch zunehmend Kantone und Gemeinden Sparpakete schnüren müssen, sind weitere Steuerausfälle zu vermeiden.
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