Steuerung der Zuwanderung: Die Kantone nehmen Stellung zu den Beschlüssen des Bundesrates vom 4. März 2016
- Communiqué de presse,
- Medienmitteilung
Anlässlich der ausserordentlichen Plenarversammlung der Konferenz der Kantonsregierungen (KdK) vom 15. April 2016 haben die Kantone zu den verschiedenen Botschaften des Bundesrates vom 4. März 2016 zur Umsetzung der neuen Verfassungsbestimmungen zur Zuwanderung Stellung genommen.
Die Kantone begrüssen die Absicht des Bundesrates, die Gespräche mit der Europäischen Union fortzuführen, um eine einvernehmliche Lösung zu erreichen und somit den bilateralen Weg zu erhalten. Die Umsetzung von Art. 121a der Bundesverfassung bedingt neben einem aussenpolitischen Verhandlungsauftrag auch eine innenpolitische Gesetzgebung. Beide Aufträge sollten aufeinander abgestimmt werden. Mit den Beschlüssen vom 4. März 2016 ist der Bundesrat seinem innenpolitischen Auftrag zur Umsetzung nachgekommen, wofür die Kantone Verständnis haben.
Botschaft zur Änderung des Ausländergesetzes
Die Kantone lehnen aber die vom Bundesrat vorgeschlagene einseitige quantitative Schutzklausel für EU/EFTA Bürger aus mehreren Gründen ab. So widerspricht der zentralistische Ansatz der Vorlage der Forderung der Kantone nach einer föderalen Ausgestaltung des Zulassungssystems, das auf regionale Gegebenheiten Rücksicht nehmen sollte. Ein solches Zulassungssystem ist schwierig zu vollziehen und wird zu Verteilkämpfen führen, die sich innenpolitisch wie wirtschaftlich negativ auswirken werden. Auch hinsichtlich der Frage der Grenzgänger halten die Kantone daran fest, dass ein föderaler Ansatz notwendig ist. Die Vorlage des Bundesrates vermag dieser Forderung nicht in allen Teilen zu genügen. Zudem stellt eine einseitige Schutzklausel für EU/EFTA Bürger eine ernsthafte Gefährdung des Freizügigkeitsabkommens (FZA) und somit des bilateralen Wegs mit der EU dar. Die Kantone verlangen in diesem Bereich grundsätzliche Anpassungen. In diesem Zusammenhang weisen die Kantone darauf hin, dass die in Auftrag gegebene Vertiefung einer kantonalen „bottom-up“ Schutzklausel sich als pragmatische Alternative für das künftige Zulassungssystem anbieten könnte. Ein solcher dezentraler Ansatz könnte den grossen Unterschieden zwischen den regionalen Arbeitsmärkten besser gerecht werden. Schliesslich ist zu bezweifeln, dass der Bund im Bereich des Anspruchs auf Sozialhilfe über die notwendigen verfassungsrechtlichen Grundlagen verfügt, um die angestrebten Verbesserungen im Vollzug des FZA bundesrechtlich zu verankern.
Botschaft zur Ausdehnung des FZA auf Kroatien
Die Kantone begrüssen die Unterzeichnung des 2013 ausgehandelten Protokolls III zur Ausdehnung des FZA mit der EU auf Kroatien. Dies ist ein notwendiger Schritt im Hinblick auf die Sicherung des bilateralen Weges. Die Ratifikation von Protokoll III bis zum 9. Februar 2017 ist die zentrale Voraussetzung für die Weiterführung der Teilassoziierung bzw. für die vollständige Teilnahme am EU-Forschungsprogramm Horizon 2020. Es gibt aus Sicht der Kantone keine Gründe, welche gegen eine Ratifikation sprechen würden.
Zusatzbotschaft zur Änderung des Ausländergesetzes (Integration)
Vor dem Hintergrund der wichtigen Mobilisierung des inländischen Arbeitspotenzials begrüssen die Kantone die Absicht des Bundesrates, die administrativen Zugangshürden für vorläufig angenommene Personen und anerkannte Flüchtlinge zum Arbeitsmarkt abzubauen. Dennoch weisen die Kantone darauf hin, dass nicht nur die administrativen Hürden die Arbeitsmarktintegration von Personen aus dem Asylbereich erschweren. Individuelle Faktoren, wie mangelnde Sprachkenntnisse oder fehlende berufliche Qualifikationen, verlangen eine wichtige Unterstützung auf Seiten der Kantone bei der Integration dieser Personen in den Arbeitsmarkt. Die vom Bund an die Kantone entrichtete einmalige Integrationspauschale pro Person hat sich in der Praxis als unzureichend erwiesen. Mit Blick auf die wirtschaftliche und gesellschaftliche Bedeutung der Integration fordern die Kantone eine substantielle Erhöhung der Integrationspauschale.
Botschaft zur Änderung des Obligationenrechts (Flankierende Massnahmen)
Grundsätzlich halten die Kantone fest, dass sowohl die Arbeitsmarktaufsicht als auch der Vollzug der Flankierenden Massnahmen funktioniert. Systematische Missstände sind nicht vorhanden, was durch die jährlichen Berichte des Bundes bestätigt wird. Um den Vollzug weiter zu optimieren, unterstützen die Kantone grundsätzlich das vom Bundesrat vorgeschlagene Massnahmenpaket. Allerdings halten die Kantone bezüglich der vom Bundesrat vorgeschlagenen Änderung des Obligationenrechts zur Verlängerung von Normalarbeitsverträgen (NAV) mit Mindestlöhnen fest, dass eine Verlängerung nur dann möglich sein soll, wenn wiederholt gegen Mindestlohnbestimmungen verstossen wird und gleichzeitig Hinweise vorliegen, dass es bei einem Wegfall des NAV zu erneuten Vorstössen kommen kann.
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